Aus der Politik gibt es immer wieder die Forderung nach einem Verbot, unter Pseudonym im Internet zu posten. Ist es sinnvoll, Kommentatoren zu zwingen, im Netz immer ihren richtigen Namen anzugeben? Wir diskutieren.
PRO
Wolfgang E. Buss, Verleger
Die drei Stufen des Luxus lauten: 1. Eigenes Auto, 2. eigenes Haus, 3. eigene Meinung!
Seit Jahren sage und schreibe ich meine Meinung. Übrigens wurde ich nicht geboren, um die Meinung anderer zu vertreten! Und selbstverständlich bin ich nicht „Goofy 999“ oder „RabbitABC“ oder wie sich die feigen Kommentatoren der „Sozialen Netzwerke“ und Kommentarspalten im Netz alle nennen. „Politiker sind doch alles Wichser, ey!“
Es gehört nichts dazu, solche Denkfäkalien anonym zu posten, außer Dummheit und Feigheit! Oder: Muss man Verständnis für sie haben? Insbesondere die deutschen „LINKEN“ haben aus ihrer Geschichte (Honecker, Mielke, Stalin) gelernt, wie man mit abweichenden Meinungen umgeht. Und die „RECHTEN“ (Gestapo, SS, SA) übrigens auch. Und: Wir leben in Deutschland – in dem es zur freien Meinungsäußerung aktuell tatsächlich Mut braucht. Heute ist man ganz schnell Rassist, Nazi oder Populist!
CONTRA
Christian Luscher, stv. Chefredakteur
Wenn man dick oder dünn, hässlich oder schön, arm oder reich ist, wenn man Kevin, Murat oder Adolf heißt – im realen Leben würde die eigene Meinung gar nicht angehört werden, ohne dass man Vorurteilen ausgesetzt ist. Seit der Frühzeit des Internets ist es ein Raum, wo solche Merkmale weniger zählen. Deshalb kann man dort anonym Hilfe suchen, mit Gleichgesinnten sprechen, auf Ungerechtigkeiten hinweisen. In einem anonymen Forum spricht es sich leichter über Erektionsstörungen, Depressionen und andere Probleme. Wer keine Angst haben muss, identifiziert zu werden, kann Missstände, z.B. beim Arbeitgeber, besser aufdecken, sensible Themen ansprechen und Meinungen äußern. Lobenswertes aktuelles Beispiel: der YouTuber Rezo, der – unter Pseudonym – mit einem Video einen großen Teil der Jugend politisiert hat. Und der mittlerweile ständig von BILD-Zeitungs-„Journalisten“ privat belästigt wird, weil die seinen Klarnamen herausgefunden haben. Ergo: Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Privatsphäre im Internet!