Wer heute einen Sonntagsspaziergang auf dem Ohlsdorfer Friedhof macht, sollte einer Grabstätte besonderen Respekt zollen. Sie erinnert an eine Katastrophe, die sich heute vor 117 Jahren ereignete.
Es war ein fröhlicher Sommerausflug eines Arbeitersängervereins, der kurz nach Mitternacht am 21. Juli 1902 auf der Elbe ein jähes Ende fand: Der Raddampfer “Primus”, besetzt mit 206 Männern, Frauen und Kindern, kollidierte mit dem Versorgungsschiff “Hansa” und ging innerhalb einer Viertelstunde unter. In den Rumpf des Ausflugsschiffs drang Wasser ein, sodass viele Passagiere unter Deck gefangen waren. Einige Mutige versuchten, Menschen zu retten – manche starben ebenfalls. Insgesamt kamen 101 Menschen ums Leben. Noch 1905 wurden Leichen ans Elbufer gespült, die aus dieser Katastrophe stammten.
Das Unglück erschütterte nicht nur Hamburg, sondern ganz Deutschland. Sogar Kaiser Wilhelm II. beteiligte sich an einer Spendenaktion für die Hinterbliebenen.
78 der Toten wurden von überlebenden Vereinsmitgliedern in einem Trauerzug vom Hafen aus durch die Stadt nach Ohlsdorf getragen. Die Straßen wurden von über 100.000 Menschen gesäumt. An dem Gemeinschaftsgrab in Ohlsdorf hielt der sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Karl Frohme eine Rede, in der er betonte, “wie an diesem Grabe alle Gegensätze und Unterschiede, die uns sonst im Leben trennten, politische und religiöse, ruhen und nur das Beste im Menschen, die mitempfindende Nächstenliebe das Wort nehme, die allen Menschen zurufe, liebet Euch, thut einander Gutes. Was sterblich ist an unseren Freunden, senken wir in die Gruft hinab, aber das Andenken an ihre guten Werke bleibt unter uns.”